Williams, Ralph Vaughan

geb. 12.10.1872 in Down Ampney (Gloucestershire)
gest. 26.8.1956 in London
englisch-europäischer Komponist

Ralph Vaughan Williams war englisch-walisischer Herkunft. Er entstammte einer angesehenen Anwaltsfamilie und sein Großonkel Charles war kein Geringerer als der berühmte Charles Darwin. Bereits in jungen Jahren erhielt Ralph (dessen Name wie „Rejf“ ausgesprochen wird) vielfältige musikalische Eindrücke, erhielt beizeiten Musikunterricht und erlebte bereits 1890 in München seine erste Wagner-Oper. Im gleichen Jahr nahm der junge Mann ein Musikstudium am Royal College of Music auf, wo er unter anderem von Hubert Parry ausgebildet wurde. Zu seinen tiefen Eindrücken im Londoner Kulturbetrieb jener Zeit zählte die von Gustav Mahler am 15. Juni 1892 im Opernhaus Covent Garden geleitete Aufführung von Wagners „Tristan und Isolde“. Im selben Jahr ließ er sich von Charles Wood in Cambridge den letzten Schliff geben.

Während seiner Studienjahre schloss er enge Freundschaft zu Gustav Holst (siehe auch „Die Planeten“). Eine überaus wichtige Beziehung, die für den musikalischen Reifungsprozess des jungen Vaughan Williams äußerst fruchtbar gewesen ist. Im Rahmen gemeinsamer „Arbeitsorgien“ zeigten sich beide gegenseitig ihre Kompositionen und übten Manöverkritik. Wie Ralph Vaughan Williams schrieb, verbrachte sein Freund Holst Stunden damit, seine Meisterschaft, seine tiefe Vorstellungskraft und sein Gefühl für das Schaffen klarer Texturen auf sein Werk zu verwenden, insbesondere bei jenen Stellen, an denen er andauernd festsaß und nicht weiter kam. Obwohl sich beider Musik stilistisch stark voneinander abhebt, lagen sie privat auf derselben Wellenlänge und ihre Freundschaft und Zusammenarbeit währte fast 40 Jahre, bis zu Holsts frühem Tod im Jahre 1934.

Um Erfahrung im Komponieren zu sammeln, ging Vaughan Williams 1897 nach Berlin und nahm Privatstunden bei Max Bruch und 1908 befasste er sich in einem dreimonatigen Studium bei Maurice Ravel vornehmlich mit Orchestrierung. Um 1900 begann er, angeregt durch Cecil Sharp, sich mit der Volksmusik seiner Heimat zu beschäftigen und sammelte zwischen 1903 und 1913 über 800 Lieder und Varianten. Etwas, was zur Inspirationsquelle in zahlreichen seiner Kompositionen wurde.

Im Zentrum des kompositorischen Gesamtschaffens von Ralph Vaughan Williams stehen seine sinfonischen Werke und insbesondere seine neun Sinfonien. Diese entstanden zwischen 1903 und 1958, dem Todesjahr des Komponisten, und damit innerhalb des Zeitraums von mehr als einem halben Jahrhundert. Dem Hörer präsentiert sich ein großer Sinfonien-Zyklus, der an Individualität, Facettenreichtum und Farbigkeit im Ausdruck einen musikalischen Kosmos bildet, der zusammen mit den Sinfonien von Dimitri Schostakowitsch zum Größten gehört, was im zwanzigsten Jahrhundert in dieser Gattung hervorgebracht wurde. Vaughan Williams war immer bemüht, neue Klangmöglichkeiten zu erschließen. Sein Œuvre zeigt dementsprechend große Vielseitigkeit und schreckt auch vor (gemäßigter) Modernität nicht zurück. Er verweigerte sich nicht der aggressiven Harmonik des 20. Jahrhunderts, blieb aber aus tiefster überzeugung Romantiker und Traditionalist. Letzteres darf aber nicht als rückständig oder gar nationalistisch und chauvinistisch fehlgedeutet werden. Zwar sah er sich in erster Linie als englischer Komponist, aber ihm, der bereits in den 30er Jahren an Vereinigte Staaten von Europa glaubte, waren Engstirnigkeit und Klein-England-Mentalität sicher fremd. Obwohl Vaughan Williams den Tendenzen der „Neuen Wiener Schule“ eher ablehnend gegenüberstand, bemerkte er nach dem Tod deren Begründers: „Schönberg sagte mir nichts – aber da er anscheinend vielen anderen Leuten etwas bedeutet, wage ich zu behaupten, dass das meine Schuld ist.“

Hierzulande ist die Bedeutung des großen britischen Komponisten immer noch nur sehr bedingt ins Bewusstsein einer breiten Öffentlichkeit von Musikliebhabern gedrungen. Etwas, was sich auch in der wohl gegen null strebenden Häufigkeit seiner Werke auf den Programmplänen spiegelt.
zitiert aus: www.cinemusic.de

aufgeführt vom Concertino:

am 6.3.2005 Concerto grosso für Streichorchester
am 10.10.2010 The Charterhouse-Suite